Composer in Residence

Guido Gärtner im Gespräch mit Konstantia Gourzi

Guido Gärtner: Du verbindest und vereinst drei Tätigkeiten – Komponistin, Dirigentin, Pädagogin. Welche Tätigkeit bedeutet Dir am meisten, und wie ergänzen und bedingen sich die drei Bereiche?

Kontantina Gourzi: Das Klavier hat für mich das Komponieren und das Komponieren das Dirigieren und alle drei haben das Lehren gebracht. Ich empfinde jede Tätigkeit als Teil eines Ganzen, jede ergänzt die andere. Das Komponieren bringt ein tieferes Verständnis und Zugang zu einer Partitur, das Dirigieren bringt tieferes Wissen über die Instrumente und ihre Möglichkeiten, für die Interpretation. Beides zusammen jungen Musiker:innen weiter zu vermitteln, empfinde ich als notwendig, inspirierend, spannend und wichtig für die Zukunft.

Das Komponieren erschafft Neues und ist unter den drei Feldern Deiner Tätigkeit das kreativste: Warum schreibst Du Musik?

Musik zu schreiben, kam sehr natürlich in mein Leben, so dass ich mich nie gefragt habe, warum ich es tue. Mittlerweile ist das Komponieren ein wesentlicher Bestandteil von mir. Auch wenn ich immer wieder kurze Pausen des Komponierens wegen anderer Verpflichtungen einlegen muss, kehre ich immer mit einer inneren intensiven Notwendigkeit zurück, als ob mir sonst die Luft zum Atmen fehlen würde. Die Musik ist ein Bestandteil der menschlichen Existenz, sie ist der Sauerstoff. Musik bleibt ein Spiegel der Gesellschaft, den wir brauchen, um uns zu sehen und als Menschen zu erkennen, uns geistig zu entwickeln, uns  auszutauschen.

„Musik bleibt ein Spiegel der Gesellschaft“

Ich empfinde in Deiner Musik oft eine große bildliche Kraft. Welche Bedeutung hat für Dich, für Deine Inspiration das Metaphorische?

Wir leben in einer metaphorischen Welt, auf einem Planeten, der uns die Möglichkeit gibt, Informationen über uns und über das Universum zu erhalten und zu entwickeln. Es gibt eine Menge, was wir nicht sehen und das es trotzdem gibt und auf uns wirkt. Was uns zusammenhält, ist nur zum Teil wissenschaftlich bewiesen. Die Musik unterstützt mich und hilft mir, eine Metapher, ein Bild, eine Skulptur oder die Natur auf der psychischen Ebene in Töne zu transformieren, zu projizieren und diese Klänge als Inspiration an die Zuhörer:innen weiterzugeben.

Weitergeben bedeutet auch Tradition. Wofür ist das Alte – im Sinne des kulturellen Erbes Europas und mit einem hochaktuellen, fragenden Blick über den Atlantik – noch gut?

Da wir Menschen leicht vergessen, brauchen wir unbedingt geistige Brücken mit der Vergangenheit. Alle Probleme, die wir heute erleben, sind generell schon vor Hunderten und Tausenden von Jahren beschrieben – wie beispielsweise im antiken Griechenland. Das ist einerseits ein Trost und andererseits eine Herausforderung, dass wir uns bemühen sollen, weiterzugehen, uns geistig und moralisch zu entwickeln und aus alten Mustern zu befreien – ohne uns in Kriegen, Machtspielen und Ego-Gier zu wiederholen und immer weiter Leid zu erzeugen. Bewusst den Frieden und den gegenseitigen Respekt voreinander zu suchen und Wege zu finden, um das zu erreichen – dafür gibt es in der Kunst und Kultur, die uns überliefert wurden, so viele Anregungen und Aufrufe, dass wir nicht darauf verzichten können.

Du begleitest die Bremer Philharmoniker in der Konzertsaison 2025|2026 als „Composer in Residence“. Was bedeutet das für Dich? Auf was darf sich Bremen freuen?

„Bewusst den Frieden und den gegenseitigen Respekt voreinander zu suchen […] – dafür gibt es in der Kunst und Kultur […] so viele Anregungen und Aufrufe“

Es inspiriert, freut und ehrt mich sehr, in der kommenden Saison öfter mit den Bremer Philharmonikern musizieren zu können. Im Fokus als „Composer in Residence“ steht der Wunsch, durch die verschiedenen Konzerte und Education-Programme dem Publikum und besonders jungen Menschen transparent die Arbeit der heutigen Komponist:innen näher zu bringen, die Bedeutung des Komponierens heute lebendig zu zeigen und

junge Menschen zu animieren, musikalische Wege als Lebenselixier zu suchen. Es beflügelt und beglückt mich, für das Orchester und Nils Mönkemeyer ein Bratschenkonzert zu komponieren, Kammermusik und Education-Aktivitäten gemeinsam mit Dir und dem Orchester und Eurer Musikwerkstatt zu entwickeln. Ich empfinde die Aufgabe des „Composer in Residence“ als Geschenk, das ich mit den Bremer Philharmonikern allen Bremerinnen und Bremern mitbringen und weitergeben möchte.

Konstantia Gourzi – Komponistin, Dirigentin

Die mit dem „Opus Klassik 2023“ ausgezeichnete Konstantia Gourzi prägt seit über 30 Jahren die zeitgenössische Musik als Komponistin, Dirigentin und Hochschulprofessorin. Ihre Werke verbinden Stille und Dramatik und greifen gesellschaftliche sowie Naturthemen auf. Sie studierte in Athen und Berlin, arbeitete mit György Kurtág, Claudio Abbado u.a. und gründete mehrere Ensembles. Auftragswerke entstehen u. a. für die BBC, Bayerische  Staatsoper und das Lucerne Festival. In der Saison 2025|2026 folgen zahlreiche Erstaufführungen sowie neue interdisziplinäre Konzertformate mit ihrem ensemble oktopus.

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